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Rumänische Schuldirektorin wegen Diskriminierung ungarischer Kinder entlassen

Ferenc Rieger 2022.12.02.

Die Schulaufsichtsbehörde des Kreises Bacău (Moldau, Rumänien) hat die Direktorin der Mittelschule in der Gemeinde Pârjol mit sofortiger Wirkung entlassen, weil sie ungarische Kinder in Pustiana diskriminiert hat, berichtete das Nachrichtenportal  ziaruldebacau.ro am Donnerstag unter Berufung auf eine Erklärung der Behörde.

Dem Portal zufolge planten die Lehrer in einer Whatsapp-Gruppe eine gemeinsame Feier aller Schulstellen anlässlich des rumänischen Nationalfeiertags am 1. Dezember, als die Schuldirektorin in dem Chat schrieb, dass die Kinder aus Pustiana nicht eingeladen werden sollten, da sie Ungarn seien und am 14. März feierten (richtig: 15. März).

Ein Bildschirmfoto des Lehrerchats wurde an die Schulaufsichtsbehörde geschickt, die die Angelegenheit sofort untersuchte. Sie stellte fest, dass die „überwiegend ungarischen Schüler“ nicht zur Feier des Nationalfeiertags eingeladen worden waren. Die Direktorin gab zu, dass sie die beleidigende Botschaft geschrieben hatte („crucea mamii lor!“, wörtlich „Das Kreuz ihrer Mutter!“, ein rumänisches Fluchwort, das den Tod eines Elternteils der Angesprochenen herbeiwünscht).

Foto: ziaruldebacau.ro

In einer Erklärung, die dem Portal zugesandt wurde, schrieb die Leiterin der Bildungsaufsichtsbehörde, dass „angesichts der Schwere des Vorfalls und in Anbetracht der Tatsache, dass die offenkundig diskriminierende Äußerung inakzeptabel ist, (…) der Vorstand der Bildungsaufsichtsbehörde die Schuldirektorin am 29. November 2022 entlassen hat“.

Die Leiterin erklärte außerdem, dass sie jegliches unverantwortliche Verhalten ablehnt, das in kleinen Gemeinschaften, in denen ansonsten ein Geist der gegenseitigen Achtung und des Verständnisses vorherrscht, künstlich Spannungen erzeugt. Sie fügte hinzu:

„Beim Patriotismus geht es darum, wie wir die Erinnerung an unsere Vorfahren und ihr historisches Werk Rumänien ehren, und nicht um rücksichtslose Äußerungen“.

László Pogár, Vorsitzender des Verbands der moldauischen Tschango-Ungarn (MCSMSZ), erklärte gegenüber dem Portal kronika.ro, dass in gewisser Weise es zu begrüßen sei, dass dieser Fall an die Öffentlichkeit gekommen ist, denn er könne eine Warnung für andere sein, die ähnlich denken. Herablassende Äußerungen dieser Art seien alltäglich, auch wenn die Situation im Vergleich zu den 1990er Jahren entspannter sei.

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Zumindest diese Schulbehörde scheint die Empfehlungen der Antidiskriminierungsbehörde beherzigt zu haben, die darauf abzielen Lehrpersonen  auf Situationen aufmerksam zu machen, wo unter anderen Schüler der ethnischen Minderheiten Ungleichbehandlung erfahren. Etliche rumänische Politiker haben hingegen nach wie vor Schwierigkeiten, ihre gönnerhafte Haltung in Bezug auf die Volksgruppen als indirekte Ungleichbehandlung wahrzunehmen.

Der Nationalfeiertag erinnert an den Karlsburger (Gyulafehérvár, Alba Iulia) Beschluss der Nationalversammlung der Rumänen Siebenbürgens, des Banats und des Partiums am 1. Dezember 1918, welche die Herauslösung dieser Gebiete aus dem ungarischen Staatsverband und den Anschluss an das Königreich Rumänien erklärt hat.

Bereits 1990 wiesen die politischen Vertreter der ungarischen Volksgruppe darauf hin, dass die Ungarn Rumäniens höchstens dann mitfeiern könnten, wenn die großzügigen Versprechen von 1918 bezüglich Gleichberechtigung und Autonomie umgesetzt worden wären.

„Nach dem Vorbild der deutsch-französischen Aussöhnung hätten die verschiedenen Gemeinschaften das Recht, historische Ereignisse aus ihrer Sicht zu interpretieren, und dies dürfe nicht zu Empörung in einem Teil der Gesellschaft führen“,

sagte Botond Csoma, Fraktionsvorsitzender der Ungarischen Demokratischen Allianz bei der diesjährigen feierlichen Sitzung anlässlich des Nationalfeiertags.

„Die politischen und religiösen Führer der Rumänen in Siebenbürgen wussten sehr wohl, dass Siebenbürgen nicht nur ein rumänisches Land ist, sondern auch ein ungarisches, sächsisches und jüdisches Land, und dies spiegelte sich auch im Text der Erklärung von Karlsburg wider“, so der Politiker im rumänischen Parlament.

Diese Aussage erntete nicht nur bei der nationalistischen AUR-Partei heftigen Widerspruch, sondern auch bei den sozialdemokratischen Koalitionspartnern.

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Beitragsbild: Pustiana Facebook