Vor 29 Jahren wurde die Deutsche Demokratische Republik am 3. Oktober 1990 aufgelöst. Die ostdeutschen Gebiete schlossen sich der Bundesrepublik Deutschland an, und nach fast einem halben Jahrhundert der Teilung wurde die deutsche Einheit wiederhergestellt. Trotz mancher Differenzen weiß Deutschland genau, welchen Beitrag Ungarn zur deutschen Einheit geleistet habe. In den letzten Jahren trennten viele Fragen beide Länder, es gibt aber immer noch vieles, was sie verbinde. Am 3. Oktober feiert man den Tag der Deutschen Einheit. Es sei Ungarn gewesen, wo „der erste Stein aus der Mauer geschlagen wurde“, rief auch Helmut Kohl seinen Landsleuten am 4. Oktober 1990 in Berlin in Erinnerung, am Tag nach der Wiedervereinigung.
„Es ist Ungarn gewesen, wo der erste Stein aus der Mauer geschlagen wurde“
Am 19. August 1989, vor genau 30 Jahren organisierten ungarische Oppositionelle im westungarischen Sopron das sogenannte Paneuropäische Picknick. Einige Tage vorher, am 27. Juni 1989 hatten der damalige österreichische Außenminister Alois Mock und sein ungarischer Amtskollege Gyula Horn symbolisch den Zaun bei der ungarisch-österreichischen Grenze durchtrennt, um den am 2. Mai 1989 begonnenen Abbau der Überwachungsanlagen durch Ungarn zu unterstreichen. Danach kam die Idee von Otto Habsburg und der MDF-Organisation der ostungarischen Stadt Debrecen, einen improvisierten Grenzübergang zu organisieren. Das Picknick fand zwischen der österreichischen Stadt Sankt Margarethen und dem ungarischen Sopronkőhida (Steinambrückl) statt.
Unter anderem kamen auch hunderte DDR-Bürger, um die Nähe zur ungarisch-österreichischen Grenze zur Flucht in den Westen zu nutzen. Ungarische Grenzbeamte hielten sie damals nicht auf.
„Ich musste innerhalb von Sekunden entscheiden, ob ich sie aufhalte oder nicht“
Diese allererste Fluchtwelle gilt als Initialzündung für die spätere große Fluchtbewegung und schließlich die Maueröffnung in Berlin.
Bundesminister Heiko Maas: „Ungarn hatte in einer beispielhaften Aktion seine Grenzen zu Österreich für zehntausende geflüchtete Menschen aus der DDR geöffnet“
„Vor wenigen Tagen habe ich auf demselben Balkon gestanden, auf dem genau 30 Jahre zuvor Hans-Dietrich Genscher vielen hundert in die westdeutsche Botschaft Prag geflohenen DDR-Bürgerinnen und -Bürgern mitteilte, dass sie in die Bundesrepublik ausreisen können. Kurz zuvor hatte in jenem September Ungarn in einer beispielhaften Aktion seine Grenzen zu Österreich für zehntausende geflüchtete Menschen aus der DDR geöffnet und ihnen so die Reise nach Westdeutschland ermöglicht“ – sagte Heiko Maas, Bundesminister des Auswärtigen, anlässlich des Tags der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2019.
Der Politiker fügte hinzu: „Auch dies haben wir vor einigen Tagen gemeinsam mit jungen Menschen aus Deutschland und Ungarn in Berlin gefeiert. Beide Ereignisse waren wichtige Meilensteine auf dem Weg zur Deutschen Einheit; führten sie doch zu deutlichen Rissen in der Berliner Mauer, die dann nicht mehr lang stehen sollte. Es ist also ganz besonders auch Ungarn und der damaligen Tschechoslowakei zu verdanken, dass wir Deutsche nun schon seit 29 Jahren unsere Einheit feiern dürfen.
Auf dem Balkon in Prag und in meinen Gesprächen mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen wie in den Feierlichkeiten zum 30. Jahrestag der Grenzöffnung in Ungarn wurde deutlich: Das Zusammenwachsen Deutschlands und Europas gründete auf einer Zuversicht, dass ein vereinter Kontinent allen Menschen eine bessere Zukunft bietet als der Kampf der Systeme. Unsere internationalen Partner hatten 1989/1990 das Vertrauen, dass ein vereinigtes Deutschland gemeinsam mit seinen Nachbarn ein friedliches, freies, solidarisches Europa schaffen wird.
Der Minister betonte in seinem Grußwort, dass ein starkes, geeintes Europa die beste Antwort auf die drängenden Fragen unserer Zeit sei, denn „ein solches Europa ist auch für Deutschland der beste Garant für Frieden und Wohlstand“.
Er fügte hinzu, dass Deutschland trotz mancher Differenzen den engen Dialog mit den Partnern im Osten Europas fortsetzen solle.
Denn es ist nicht die Abgrenzung voneinander, sondern ein Mehr an Gemeinschaft, das uns voranbringt. Dies wollen wir insbesondere im Rahmen unserer EU-Ratspräsidentschaft 2020 – dem 30. Jahr der Deutschen Einheit – unterstreichen.
Heiko Maas twitterte Folgendes heute:
Der #TagderDeutschenEinheit erinnert uns daran: Es lohnt sich, etwas zu riskieren für Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie.
Nichts davon ist selbstverständlich. Diese Erkenntnis ist heute in Zeiten populistischer Verführer noch genauso wertvoll wie vor 30 Jahren. pic.twitter.com/swDtYrojfn
— Heiko Maas 🇪🇺 (@HeikoMaas) October 3, 2019
Auch der CSU-Kreisverband feiert das 30. Jubiläum des Mauerfalls und lädt zum traditionellen „Tag der Einheit – Tag der Begegnung“ des CSU-Kreisverbandes Ebersberg ein – berichtete die Süddeutsche Zeitung. In diesem Jahr wird der ehemalige ungarische Minister Zoltán Balog in der Ebersberger Alm sprechen.
CSU-Kreisverband feiert „Tag der Einheit“ mit ex-Minister Zoltán Balog
Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Ungarn für die Unterstützung bei der Öffnung der Grenzen 1989 und bei der folgenden Deutschen Einheit noch bei ihrer Ungarn-Reise im August gedankt.
(Via: https://irak.diplo.de/iq-de/aktuelles/-/2249952, twitter.com, Beitragsbild: Fortepan – URBÁN TAMÁS)