„Es berührt mich sehr, dass es heute in Ungarn wieder eine lebendige und respektierte jüdische Gemeinde gibt. Doch auch die ungarischen Roma wurden Opfer des nationalsozialistischen Vernichtungswahns. Ich freue mich daher sehr, dass Ungarn in der Internationalen Allianz für Holocaust-Gedenken (IHRA) zu den stärksten Befürwortern einer Antiziganismusdefinition gehörte, die unter deutschem Vorsitz verabschiedet wurde“. So sprach Botschafter Johannes Haindl zum Auftakt der Veranstaltungsreihe „Ambassadors‘ Talks“ die gemeinsam von der Medienschule und von der Schule für Internationale Beziehungen in Zusammenarbeit mit dem Deutsch-Ungarischen Institut für Europäische Zusammenarbeit am Mathias Corvinus Collegium organisiert wird. Beim Gespräch am virtuellen Rundtisch wurde über die bilateralen Beziehungen zwischen Ungarn und Deutschland gesprochen.
Botschafter Haindl begann mit einem historischen Rückblick. Er hob hervor, dass die mit der Ehe von Königin Gisela von Bayern und König Stephan von Ungarn begonnenen Beziehungen mehr als 1.000 Jahre zurückgehen und es immer noch eine relativ hohe Zahl von Ungarn gibt, die Deutsch reden. Da mit Gisela auch zahlreiche Missionare, Priester, Ritter und Gefolgsleute kamen, wurde Ungarn endgültig christianisiert, wodurch eine gemeinsame Wertegrundlage geschaffen wurde.
Die Beziehungen waren aber nicht immer harmonisch, so vertrat der Botschafter auch die Meinung, dass es immer wichtig ist, sich neben den Höhepunkten auch mit den Tiefpunkten der Beziehungen klar zu werden. So wurde die Naziherrschaft als absoluter Tiefpunkt genannt, – eine Zeit, die unsagbares Leid über ungarische Jüdinnen und Juden brachte.
Daher ist es ein riesengroßer Erfolg, dass es in Ungarn wieder eine lebendige und respektierte jüdische Gemeinde gibt
so der Botschafter. Auch Ungarns Roma wurden Opfer des nationalsozialistischen Vernichtungswahns. In diesem Zusammenhang hob der Botschafter hervor, dass das heutige Ungarn in den Internationalen Allianz für Holocaustgedenken einer der stärksten Befürworter war, als unter dem deutschen Vorsitz die Antiziganismusdefinition verabschiedet wurde.
Zu den Höhepunkten der Beziehungen zählte der Botschafter das Paneuropäische Picknick im Sommer 1989. Damals war Ungarn Vorreiter im Ringen der osteuropäischen Länder um Freiheit.
Ungarns Öffnung des Eisernen Vorhangs war dem Botschafter zufolge auch für Deutschland von unschätzbarem Wert – in der Folge fiel die Berliner Mauer und die Teilung Europas wurde überwunden. Er betonte, dass die Deutschen den Ungarn dafür immer dankbar sein werden.
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"Ich musste innerhalb von Sekunden entscheiden, ob ich sie aufhalte oder nicht"19. August 1989. Er stand mit einer Waffe an der provisorischen Grenze in Sopronpuszta. Oberstleutnant Árpád Bella war für die Grenzpatrouille verantwortlich und wurde an diesem Tag zum „Paneuropäischen Picknick“ geschickt. Mit Zustimmung ungarischer und österreichischer Behörden sollte bei der Veranstaltung ein Grenztor symbolisch für drei Stunden geöffnet werden. Es war geplant, dass eine 100-köpfige ungarische […]Weiterlesen
In gesellschaftlicher Hinsicht wurden die binationalen Ehen und die Freundschaften über Städtepartnerschaften erwähnt, daneben der enge kulturelle und wissenschaftliche Austausch bis hin zum Sport.
Der Botschafter betonte, dass sogar ihm, der sich für Fußball nicht sonderlich interessiert, der Name Pál Dárdai vom Hertha BSC zum Begriff geworden ist, einer von vielen Ungarn, die in Deutschland leben und arbeiten
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Pál Dárdai ist wieder Trainer von Hertha!Pál Dárdai, ehemaliger Fußballspieler von Hertha BSC Berlin, ist nach fast zwei Jahren wieder Trainer der Mannschaft der deutschen Hauptstadt geworden. Er hat diesmal bis Sommer 2022 unterzeichnet. Der 44-jährige Ungar übernimmt die Führung des Profi-Kaders in einer sehr schwierigen Situation: Die Mannschaft befindet sich derzeit auf Platz 14. in der Bundesliga. Dárdai trainiert derzeit […]Weiterlesen
Ebenso György Konrad, der sechs Jahre lang die Akademie der Künste in Berlin leitete und zur reichen kulturellen Zusammenarbeit der zwei Länder beitrug.
Als nächstes Stichwort wurde die Wirtschaft genannt, da 20% aller ausländischen Direktinvestitionen in Ungarn aus Deutschland kommen. Botschafter Haindl betonte, dass die Wirtschaft beider Länder so eng verflochten ist, dass die Bänder bei Audi in Deutschland stillstehen, wenn es in Győr hakt. Aber auch auf politischer Ebene gebe es eine gute Zusammenarbeit.
Mit Hinblick auf die europäische Zusammenarbeit wurden Sicherheit, Verteidigung und die Souveränität des Nationalstaates als gemeinsame Themen genannt. Es gäbe aber auch Reizthemen: Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Rechtstaatlichkeit. Darüber gibt es dem Botschafter zufolge auch grenzüberschreitende Debatten innerhalb der Europäischen Union.
Botschafter Haindl sagte aber auch, dass diese Diskussionen vor allem in Brüssel geführt würden, und dass der Schwerpunkt der bilateralen Beziehungen nicht immer in diesen Bereichen zu setzen sei.
Wichtig sei ein offener und konstruktiver Dialog zu diesen Themen. Migration wurde als weiteres Reizthema genannt, wobei der Botschafter anmerkte, dass es hier zu einer gewissen Mythenbildung gekommen sei.
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Der Botschafter betonte die herausragende Bedeutung einer engeren Europäischen Zusammenarbeit, um der EU mehr Gewicht zu geben in einer globalisierten Welt. So müssen Haindl zufolge Deutschland und Ungarn in der Kommunikation die gemeinsamen europäischen Interessen stärker in den Vordergrund stellen.
Zum Schluss betonte Haindl, wie wichtig ein nüchterner Austausch jenseits aller dramatisierenden Medienberichte sei. Dafür sollen alle möglichen Plattformen genutzt werden, wie zum Beispiel das Deutsch-Ungarische Forum, dessen Schwerpunkt der Dialog zwischen jungen Deutschen und Ungarn ist.
(Text: Tünde Darkó, Deutsch-Ungarisches Institut für Europäische Zusammenarbeit)