Kommentatoren äußern deutlich divergierende Ansichten über den geplanten Bau eines chinesischen Universitätscampus in Budapest sowie die sich daraus ergebenden möglichen Folgen. Presseschau von budapost.de.
Tausende Oppositionsanhänger haben am Samstag gegen den Plan der Regierung protestiert, in Budapest einen Campus der in Shanghai ansässigen Fudan-Universität zu eröffnen. In seiner Ansprache an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der abschließenden Kundgebung kritisierte der Budapester Oberbürgermeister Gergely Karácsony, dass die Regierung das Geld der Steuerzahler für eine chinesische Universität ausgebe, anstatt armen ungarischen Familien zu helfen. Karácsony bezichtigte den Fidesz des „moralischen Selbstmords”, weil er mit dem kommunistischen Regime Chinas zusammenarbeite. Unterdessen hat die chinesische Botschaft in Budapest Karácsonys Kritik zurückgewiesen und dem linksorientierten Stadtoberhaupt Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas vorgeworfen. Am Sonntag erklärte der zuständige Minister im Büro des Regierungschefs, Gergely Gulyás, dass das Kabinett das Vorhaben der Opposition unterstütze, für 2023 ein Referendum über den Bau der Fudan-Universität 2023 anzuberaumen. Zu diesem Zeitpunkt wären die Pläne für den Campus fertiggestellt und veröffentlicht.
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Demonstration gegen Fudan-Universität: Chinesische Botschaft spricht von „massivem Eingriff“Die Botschaft der Volksrepublik China hat auf die Demonstration am Samstag reagiert, als gegen den geplanten Campus der Fudan-Universität in Budapest protestiert wurde. Sie haben die Reden als einen massiven Eingriff in die innere Angelegenheiten Chinas bewertet was die freundliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern sabotiere. Die Botschaft hat unter anderem geschrieben, dass „einige Budapester […]Weiterlesen
Gewiss, China sei eine Diktatur, räumt Kristóf Trombitás in Magyar Nemzet ein, kritisiert jedoch die Opposition gleichzeitig für deren „symbolische Opferpolitik“. Der konservative Kommentator bezweifelt, dass Ungarn den unterdrückten Chinesen mit Kritik an der kommunistischen Regierung oder einem Boykott des Handels mit China helfen würde. Vielmehr sollte Ungarn in seiner Außenpolitik zwei Ordnungsprinzipien befolgen: Verteidigung der jenseits der Landesgrenzen lebenden magyarischen Minderheiten sowie die Vorrangstellung der ungarischen Wirtschaftsinteressen im Außenhandel. In einer Nebenbemerkung bezeichnet Trombitás es als absurd, dass „die atheistische, antireligiöse Linke“ verfolgte chinesische Christen zur Kritik an der ungarischen Regierung missbrauche.
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Budapester Bürgermeister: "Wir werden ein Referendum über die Studentenstadt vorbereiten"„Es liegt nicht in der Hand der Regierung, ein Referendum über die Fudan-Uni abzuhalten, also ist es eigentlich egal, ob die Regierung ein Referendum über Fudan unterstützt oder nicht. Es wird ein Referendum geben. Und zwar nicht, wenn die Regierung es gnädigerweise erlaubt, sondern wenn wir es wollen“ so reagierte der Budapester Bürgermeister am Montagmorgen […]Weiterlesen
Miklós Hargitai von Népszava wirft der Regierung vor, im Hinblick auf ausländische Universitäten „mit zweierlei Maß zu messen“. In der Wahrnehmung des linksliberalen Kommentators behaupte die Regierung, sie kämpfe gegen eine „ideologische Kolonialisierung“, wenn sie die Central European University aus ideologischen Gründen aus Ungarn „verjage“. Zugleich aber heiße sie die Fudan-Universität willkommen, die eng mit der kommunistischen Führung zusammenarbeite und offen die marxistische Ideologie vertrete. Ministerpräsident Orbán habe einen großen strategischen Fehler begangen und sich selbst in eine Zwickmühle manövriert, indem er Partei für ein symbolisch so umstrittenes Projekts ergriffen habe.
(Titelbild: MTI – Zoltán Balogh)